Wenn die Stallpflicht verhängt wird, trifft das viele Hühnerhalterinnen und Hühnerhalter hart. Statt im Garten zu scharren, Käfer zu jagen und Staubbäder zu nehmen, müssen die Tiere plötzlich drinnen bleiben – manchmal über Wochen hinweg. Was für den Schutz der Tiere gedacht ist, bedeutet für die Hühner Stress und Langeweile. Doch mit ein paar einfachen Maßnahmen lässt sich die Zeit im Stall erträglicher gestalten.
In diesem Beitrag erfährst du, warum es überhaupt zur Stallpflicht kommt, was sie für Hobbyhalter bedeutet – und wie du deinen Hühnern trotz der Einschränkungen Abwechslung, Bewegung und Beschäftigung bieten kannst.
Warum es überhaupt zur Stallpflicht kommt
Die Stallpflicht wird von den Veterinärämtern angeordnet, wenn in der Region die Gefahr der Geflügelpest (Aviäre Influenza) besteht. Diese Virusinfektion betrifft Wild- und Hausgeflügel und kann sich durch direkten Kontakt oder über kontaminierte Gegenstände verbreiten. Um eine Ausbreitung zu verhindern, müssen Hühner, Enten und anderes Geflügel dann in geschlossenen oder zumindest überdachten und seitlich gesicherten Ställen bleiben.
Gerade für Freilandhühner, die viel Platz gewohnt sind, ist das eine große Umstellung. Sie verlieren ihre gewohnte Umgebung, ihr natürliches Verhalten wird eingeschränkt – und das kann sich schnell auf das Wohlbefinden auswirken. Umso wichtiger ist es, den Stall in dieser Zeit abwechslungsreich, hell und spannend zu gestalten.
Bewegung und Struktur: Platz sinnvoll nutzen
Auch wenn der Platz begrenzt ist – Bewegung ist für Hühner essenziell. Ein eintöniger, leerer Stall führt schnell zu Langeweile, Picken und Streitereien. Deshalb lohnt es sich, die Stallfläche strukturiert aufzubauen.
Ideen für mehr Bewegung im Stall
- Sitzgelegenheiten auf mehreren Ebenen: Hühner lieben erhöhte Plätze. Bretter, alte Holzleitern oder stabile Äste eignen sich hervorragend, um unterschiedliche Ebenen zu schaffen.
- Trennwände oder Ecken: Kleine Sichtbarrieren aus Holzplatten oder Strohballen schaffen Rückzugsorte und helfen, die Gruppe zu beruhigen.
- Freiraum für Scharren: Wenn der Bodenbelag es erlaubt, kann man eine Ecke mit Stroh, Laub oder Erde füllen, in der die Tiere nach Futterresten suchen können.
So wird der Stall nicht nur spannender, sondern die Tiere können ihrem natürlichen Verhalten zumindest teilweise nachgehen.
Beschäftigung für neugierige Hühner
Hühner sind ausgesprochen neugierig. Alles Neue wird begutachtet, betastet und bepickt. Wer sie kennt, weiß: Schon eine aufgehängte Kohlrabi kann stundenlang für Unterhaltung sorgen. Während der Stallpflicht ist solche Beschäftigung wichtiger denn je.
Beschäftigungsmöglichkeiten für drinnen
- Pickblöcke und Futterhänger: Futterblöcke aus Getreide, Kräutern oder Mineralstoffen beschäftigen mehrere Tiere gleichzeitig. Auch aufgehängtes Obst und Gemüse wie Kohl, Apfel oder Salat sorgen für Abwechslung.
- Heunetze oder Körbe: Mit etwas Heu oder Stroh gefüllt, bieten sie Beschäftigung und Beschäftigungsfutter zugleich.
- Sand- oder Staubbad im Stall: Ein großer Behälter mit feinem Sand, Erde und etwas Holzasche ist ideal zum Pflegen des Gefieders und zur Parasitenvorbeugung.
- Kräuter und duftende Einstreu: Getrocknete Kräuter wie Kamille, Lavendel oder Pfefferminze im Einstreu wirken beruhigend und bringen Abwechslung in den Stallgeruch.
Ein kleiner Tipp: Beschäftigungsmaterial sollte regelmäßig ausgetauscht oder leicht verändert werden – so bleibt es spannend und vermeidet Langeweile.
Licht, Luft und Sauberkeit
Auch während der Stallpflicht gilt: Frische Luft und ausreichend Licht sind entscheidend für die Gesundheit der Hühner. Viele Hobbyhalter unterschätzen, wie schnell sich in geschlossenen Ställen Feuchtigkeit und Ammoniak anreichern können.
- Lüften: Mehrmals täglich Stoßlüften, ohne Zugluft zu erzeugen, hilft gegen Feuchtigkeit und Gerüche.
- Licht: Wenn das natürliche Tageslicht nicht ausreicht, kann eine Zeitschaltuhr mit LED-Beleuchtung den Tag-Nacht-Rhythmus unterstützen.
- Sauberkeit: Da die Tiere sich nun dauerhaft im Stall aufhalten, sollte die Einstreu häufiger gewechselt werden. Frisches Stroh oder Hobelspäne verhindern nicht nur Geruch, sondern sorgen auch für Beschäftigung.
Futter und Leckereien – Abwechslung für den Schnabel
Neben der Beschäftigung ist auch das Futter eine gute Möglichkeit, den Hühnern etwas „Alltag“ zurückzugeben. Statt einfach nur das übliche Körnerfutter zu streuen, lässt sich der Speiseplan leicht abwechslungsreicher gestalten.
- Futterspiele: Das Futter in einer dünnen Schicht Stroh oder Laub verteilen – so müssen die Tiere suchen und picken.
- Gemüse und Kräuterreste: In Maßen dürfen Reste von Möhren, Sellerie, Grünkohl oder Salat in den Stall.
- Körner in kleinen Mengen einstreuen: Hühner lieben die Futtersuche – ideal für die Beschäftigung zwischendurch.
- Abwechslung im Futterspender: Auch mal Haferflocken, gekeimte Körner oder ein wenig fermentiertes Futter anbieten.
Natürlich sollten alle Futtergaben hygienisch bleiben, um Schimmel oder Feuchtigkeit zu vermeiden.
Wenn’s gar nicht mehr geht: Übergangslösungen und Umbauten
Je nach Stall und Grundstück lässt sich auch während der Stallpflicht manchmal etwas improvisieren.
- Überdachter Auslauf: Wenn die Verordnung es erlaubt, kann ein mit engmaschigem Netz und Plane gesicherter Auslauf eine große Erleichterung sein.
- Wintergarten oder Volierenteil: Selbst kleine, wettergeschützte Bereiche mit Sandboden bringen Abwechslung – Hauptsache, kein Kontakt zu Wildvögeln.
- Temporäre Erweiterungen: Wer handwerklich geschickt ist, kann mit Holzrahmen und Volierendraht einen zusätzlichen überdachten Bereich anbauen.
Solche Lösungen sind unter Umständen genehmigungspflichtig, sollten also immer in Abstimmung mit den geltenden Vorgaben erfolgen.
Die Psyche der Hühner: Langeweile und Stress erkennen
Auch Hühner können Frust zeigen. Wenn sie anfangen, sich gegenseitig zu picken, Federn zu rupfen oder laut zu schreien, sind das Warnzeichen. In solchen Fällen lohnt sich eine genaue Beobachtung: Welche Tiere sind besonders aktiv oder gestresst? Wer wird gemobbt?
Abhilfe schaffen meist schon kleine Veränderungen – neue Beschäftigung, andere Sitzstangenpositionen oder eine veränderte Stallstruktur. Manchmal hilft auch, die Gruppe in kleinere Einheiten zu trennen, wenn genügend Platz vorhanden ist.
Und für uns Halter?
Die Stallpflicht ist auch für Halterinnen und Halter eine Herausforderung. Der gewohnte Tagesablauf ändert sich, das Gefühl, „die Hühner einsperren zu müssen“, ist unangenehm. Doch es hilft, sich bewusst zu machen: Die Maßnahme dient dem Schutz der Tiere – und sie geht vorbei.
Mit ein wenig Kreativität, Einfühlungsvermögen und Beschäftigungsideen lässt sich diese Zeit überbrücken. Und wenn die Stallpflicht aufgehoben wird, ist die Freude über den ersten Schritt ins Freie meist umso größer – bei Hühnern wie Haltern.
Stallpflicht bedeutet Einschränkung – aber sie muss keine Qual für die Tiere sein. Mit abwechslungsreicher Gestaltung, guten Licht- und Luftverhältnissen, frischem Einstreu und kreativen Beschäftigungsangeboten lässt sich der Alltag im Stall angenehm gestalten. So bleiben die Hühner aktiv, gesund und zufrieden – auch ohne Auslauf.





