Ein Fall aus dem niedersächsischen Emsland sorgt für Entsetzen bei Tierfreunden und Hühnerhaltern: Die Tierrechtsorganisation Soko Tierschutz veröffentlichte 2023 brisante Undercover-Aufnahmen aus einem Geflügelmastbetrieb in Meppen. Die Bilder zeigen kranke, verletzte und sterbende Tiere – viele von ihnen sich selbst überlassen oder brutal behandelt. Was viele schockiert: Obwohl das Material erschütternd ist, bleibt der Fall ohne strafrechtliche Konsequenzen. Die taz berichtete ausführlich darüber.
Brutale Szenen hinter verschlossenen Türen
Die Aufnahmen, die über Wochen hinweg mit versteckter Kamera gemacht wurden, offenbaren ein System, das auf maximale Ausbeute statt Tierwohl ausgelegt scheint. Kranke Tiere, die sich kaum bewegen können, vegetieren auf dem Boden. Manche liegen bereits tot zwischen ihren Artgenossen – verwest, blutüberströmt, mit offenen Wunden. Andere Hühner werden von Mitarbeitenden mit Stangen aufgespießt, während sie noch leben und mit den Flügeln schlagen.
Neben der Vernachlässigung dokumentiert die Soko auch gezielte Gewalt. Arbeiter werfen lebende Hühner, treten sie, schleudern sie gegen Wände oder aufeinander. In manchen Fällen wirkt das Vorgehen sogar verspielt – ein Umgang, der auf eine tiefgehende Abstumpfung gegenüber tierischem Leben schließen lässt.
Anzeige – aber keine Konsequenzen
Die Tierrechtsorganisation erstattete Anzeige wegen Tierquälerei. Nach deutschem Recht hätte das im schlimmsten Fall zu einer Freiheitsstrafe führen können. Doch im Juni 2025 stellte die Staatsanwaltschaft Oldenburg das Verfahren ein – trotz der deutlichen Bilder.
Die Begründung: Es habe sich nicht mit Sicherheit klären lassen, wer die extremen Gewalttaten begangen hat. Auch dem Betriebsleiter sei keine direkte Verantwortung nachzuweisen. Zwar räumte die Staatsanwaltschaft ein, dass einzelne Hühner „mit einiger Kraft und Wucht“ getreten wurden, allerdings sah sie darin keine „erheblichen Schmerzen oder Leiden“, die länger andauerten oder aus Gefühllosigkeit begangen worden wären. Juristisch reichten die Hinweise also nicht für eine Verurteilung – moralisch bleibt ein schaler Nachgeschmack.
Warum das mehr ist als ein Einzelfall
Für viele Tierfreunde ist der Fall ein beunruhigendes Beispiel für systemisches Versagen. Die Entscheidung der Justiz sendet ein gefährliches Signal: Auch wenn Gewalt dokumentiert wird, bleiben die Verantwortlichen unter Umständen straffrei. Das schwächt das Vertrauen in den Schutz von Nutztieren und erschwert es Organisationen wie der Soko Tierschutz, Missstände aufzudecken und wirksam zu bekämpfen.
Gleichzeitig wird einmal mehr deutlich, wie wenig Kontrolle es in der konventionellen Geflügelmast oft gibt – und wie wichtig es ist, dass Tierhaltung transparent, nachvollziehbar und artgerecht gestaltet wird.
Was können Tierfreunde und Hühnerhalter tun?
Wer selbst Hühner hält – ob im Garten, auf dem Bauernhof oder in kleiner Selbstversorgung – kann und sollte ein Zeichen setzen. Im Gegensatz zu den anonymen Ställen der Massentierhaltung besteht hier die Chance, Tiere individuell zu behandeln, ihnen ein natürliches Umfeld zu bieten und auf ihr Wohlbefinden zu achten.
Das bedeutet konkret:
- Artgerechte Ausläufe mit frischer Erde, Licht und Bewegung
- Saubere, gut belüftete Ställe mit ausreichend Platz
- Beobachtung der Tiere – und schnelles Handeln bei Krankheit oder Verletzung
- Beschäftigungsmöglichkeiten wie Staubbäder, Picksteine oder Futterspiele
- Verzicht auf übermäßige Leistungszucht zugunsten robuster Rassen
Auch Verbraucherinnen und Verbraucher haben Einfluss: Wer bewusst einkauft, unterstützt indirekt eine bestimmte Art der Tierhaltung. Tierwohl-Siegel, regionale Anbieter und Eier aus nachvollziehbaren Quellen machen einen Unterschied – gerade in einer Branche, die oft auf Quantität statt Qualität setzt.
Wegschauen darf keine Option sein
Die Zustände im Mastbetrieb von Meppen sind kein Einzelfall – aber sie stehen exemplarisch für ein System, das sich zu oft hinter Stallmauern und Paragraphen versteckt. Dass dieser Fall trotz Videobeweisen ohne Folgen bleibt, ist für viele enttäuschend. Umso wichtiger ist es, dass private Halter, Konsumenten und Tierfreunde gemeinsam Verantwortung übernehmen.
Ein respektvoller Umgang mit Tieren beginnt nicht erst im Gesetzbuch, sondern im Alltag – im Stall, im Garten, im Supermarkt. Jeder von uns kann mit kleinen Entscheidungen dazu beitragen, dass solche Bilder irgendwann der Vergangenheit angehören.